Sie führten Gespräche mit großen und kleinen Discountern. Mit Handelsketten-eigenen Architekten und mit dem selbsternannten „Dorfladen-Papst“ vom Starnberger See, mit Investoren und gleich fünf Bäckereien. Eine Initiative von mehreren Personen aus Handorf-Langenberg hatte sich in den vergangenen 1,5 Jahren zusammengeschlossen, um nach dem angekündigten Abschied des Lebensmittelladens „… nah und gut“ am 15. Dezember 2022 die Nahversorgung im Holdorfer Ortsteil weiter sicherzustellen.
„Wir waren mit vielen Playern im Austausch“, erzählte Maik Escherhaus vor ein paar Monaten. Wie ein Lebensmittelgeschäft in Handorf-Langenberg geführt werden könnte – dafür waren die Dorfladen-Retter ziemlich offen. Der künftige Laden hätte nach dem bisherigen Betreiber-Modell als wirtschaftlicher Verein, als Genossenschaft oder Handelskette geführt werden können.
Doch alle Rettungsversuche scheiterten aus den unterschiedlichsten Gründen. Fachkräftemangel, Energiekrise und ein zurückhaltenderes Kaufverhalten der Kunden machen dem lokalen Lebensmittelhandel zu schaffen – und das wirkt sich auch bis nach Handorf-Langenberg aus. Deshalb brachen Maik Escherhaus, Udo Schlarmann und Co. Anfang Dezember ihre Rettungsmission ab. Aber sie beendeten sie nicht.
4 Monate später gibt es nämlich jetzt tatsächlich gute Nachrichten – sehr gute sogar. Denn noch im Sommer dieses Jahres wird, wenn alles glattläuft, im ehemaligen „… nah und gut“ am Steinfelder Damm 39 wahrscheinlich ein Nahversorger öffnen. Markus Meyer von den Dorfladen-Rettern hat das Gebäude von neuen Eigentümern gemietet und möchte dort ein Lebensmittelgeschäft betreiben. Es heißt „Der Dorfladen – 24/7“.
Wie der Name es schon erahnen lässt, wird der neue Nahversorger eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung bieten. Er wird 24 Stunden pro Tag, 7 Tage die Woche geöffnet sein. Wie das in Zeiten von Personalmangel trotzdem funktioniert? Mit einem einfach zu bedienenden Automatensystem. Die Tür des dann videoüberwachten Ladens wird immer geöffnet sein
Markus Meyer, Maik Escherhaus und Udo Schlarmann sind nach den zahlreichen Gesprächen, den zunächst positiven Entwicklungen und den dann doch ernüchternden Rückschlägen hoch erfreut, dass es nun doch noch eine positive Wendung bei der schwierigen Suche eines Dorfladens geben wird. Alle hätten in den vergangenen Monaten bemerkt, dass sich die rund 1700 Einwohner aus Handorf und Langenberg wieder eine Anlaufstelle für Lebensmittel wünschten. Sei es auch nur, wenn es darum geht, Milch und Butter zum Kuchenbacken zu holen. „Das ist dann auch Lebensqualität“, findet Maik Escherhaus.
Markus Meyer hat sich im vergangenen Jahr intensiv mit 24-Stunden-Automaten beschäftigt und entsprechend recherchiert, als Vorbild diente ihm vor allem der Laden in Hemmelte. Der Kaufmann und Landwirt ist überzeugt, dass das Konzept auch in Handorf-Langenberg funktionieren wird. Denn der Automaten-Service werde nicht nur von Bürgern aus dem Ortsteil, sondern auch aus Holdorf, der näheren Umgebung und vom Durchgangsverkehr genutzt, glaubt er. In Hemmelte, erzählt Meyer, kämen die Kunden aus einem Umkreis von 15 Kilometern.
Das Angebot der rund acht Automaten wird jenem ähneln, das die Kundschaft aus dem bisherigen Dorfladen kennt. Es wird neben den üblichen Lebensmitteln auch belegte Brötchen, Grillfleisch, Getränke, Kaffee, Softeis und Tiefgefrorenes geben – möglichst mit regionalem Bezug. Alkoholische Getränke und Zigaretten können erst nach entsprechender Altersfreigabe geordert werden.
Um möglichen Berührungsängsten, vor allem der älteren Generation, entgegenzuwirken, möchte Markus Meyer in der Anfangszeit möglichst viel in seinem Dorfladen präsent sein. Der Handorfer möchte erklären und Hilfestellungen geben. Um die Aufenthaltsqualität zu steigern, ist vor dem Automatenladen auch eine Sitzgruppe geplant.
Konkurrenz zum nur 170 Meter entfernten Dorfgemeinschaftshaus soll der neue Dorfladen ausdrücklich nicht werden, betont Udo Schlarmann. Im Gegenteil: Beide Geschäfte könnten doch gegenseitig vom Publikumsverkehr profitieren.
Wann der 24-Stunden-Dorfladen eröffnet, steht noch nicht genau fest. Markus Meyer hofft noch auf eine Förderung aus dem Leader-Programm, das die Entwicklung des ländlichen Raumes fördert (wie bei Schanko). Erst nach der Zusage darf am Steinfelder Damm 39 mit den Renovierungsarbeiten begonnen werden. Danach werden auch die Detailfragen geklärt. Klar ist aber: Der Dorfladen soll so schnell wie möglich öffnen.
Maik Escherhaus, Udo Schlarmann und Markus Meyer fiebern der Eröffnung jedenfalls schon jetzt entgegen. In Handorf-Langenberg sei alles in einem sehr guten Zustand. Vereinsstruktur, Dorfgemeinschaftshaus, Schule, Kita, Infrastruktur. Das Einzige, was gerade fehle, sei ein Dorfladen. Doch diese Vakanz wird bald ein Ende haben.